Entstehung und Untergang unseres Bahnhofs in Dudenhofen

Beim Bau der Rodgaubahn, Strecke Offenbach - Reinheim von 1894 – 1896. Fertigstellung und Einweihung am 30.9.1896 war die Freude und Zuversicht für eine wirtschaftliche Besserung in den Rodgaugemeinden, besonders aber in unsere Gemeinde Dudenhofen sehr groß. Heute, nach 80 Jahren, um 1976, ist unser Bahnhof ausgemerzt und stillgelegt. 

So fing es an: 

Mit allem Nachdruck kämpften die Rodgaugemeinden für den Bau der Rodgaubahn, damit eine Anbindung an die Knotenpunkte Offenbach, Dieburg und Reinheim hergestellt würde. 

Dieser Kampf mit der Großherzoglichen Regierung und der Großherzoglichen Bahndirektion in Mainz dauerte von 1870 - 1894. Bevor die Genehmigung zum Bau erteilt wurde; wurde zur Auflage gemacht, dass ein privates Geldinstitut die Finanzierung absichern musste. Hierzu hat sich die Bank der Fa. Rotschild in Offenbach bereit erklärt. 

Nun war das Projekt spruchreif und die Genehmigung zum Bau wurde erteilt. Anfang 1894 wurde mit dem Bau begonnen und im September 1896 vollendet. Neben dem Gleisbau wurden auch gleichzeitig die Empfangsgebäude nach einem einheitlichen Plan, weil man die Architektenkosten sparen wollte, gebaut. 

Am 30. September 1896 wurde die neue Strecke in Betrieb genommen und mit großen Feierlichkeiten in allen Rodgaugemeinden eingeweiht. 

Die Inbetriebnahme der Rodgaubahn war ein enormer wirtschaftlicher Fortschritt für die Rodgaugemeinden. 

Schon bei dem Bau der Strecke haben viele unserer Einwohner einen ständigen Arbeitsplatz bei der Bahn gefunden. Die meisten Streckenarbeiter der Bahnmeisterei II in Offenbach/M. stammten aus Dudenhofen und Niederroden. 

Für viele Berufstätige, die in Offenbach ihren Arbeitsplatz hatten und am Wochenanfang mit 3 Stunden Fußweg nach Offenbach trampten, die Woche über in Offenbach logieren mussten und am Wochenende wieder mit 3 Stunden Fußweg zurückkehrten, war nunmehr die Benutzung der Bahn für die tägliche Hin- und Rückfahrt ein großer Vorteil. 

Allerdings waren die damaligen Zugverhältnisse nicht so komfortabel wie heute, jedoch dem reisenden Publikum angepasst. 

Die Züge hatten nur II. - III. - und IV. Klassenwagen, I. Klasse gab es nicht und es wurden mit einer Dampflok der Gattung- T 3 gefahren. 

Die Lokomotive war nach heutigen Begriffen eine Kleinlok mit 3 Antriebsachsen und meterhohem Schornstein. Grundgeschwindigkeit 40 K/Std. 

Die Fahrzeit für die 16 km von Offenbach bis Dudenhofen betrug 50 Minuten. Die Zugparks bestanden durchweg aus Plattformwagen, davon 1 Wagen der II. und III. Klasse, mehrere Wagen der- III. Klasse und einige Wagen der IV. Klasse, davon 1 Wagen für Traglasten. Dementsprechend waren auch die Fahrpreise abgestuft und die Fahrkarten gekennzeichnet. Farbe: grün = II. Klasse, braun = III. und grau = IV. Klasse. 

Zur langen Fahrzeit von 50. Minuten gegenüber heute mit 22 Minuten, sei gesagt: es gab für die verkehrsreichen Straßenübergänge noch keine Schranken. Daher mussten die Züge, durch eine Haltetafel signalisiert, etwa 100m vor dem Übergang anhalten und mit Gehgeschwindigkeit den Überweg befahren. Hierbei musste zusätzlich, wie auch bei kleineren Übergängen, (Feldwege) das LP-Signal = läuten, pfeifen betätigt werden. Hierdurch gab es keine Unfälle an Wegübergängen. 

Zur Vermeidung von Unfällen der Reisenden, Be- und Entladung von Stückgut (Milchkannen) und Expressgut war der Aufenthalt auf jedem Bahnhof erforderlich. Zur Zugsicherung selbst durfte keine Zugmeldung am Fernsprecher erfolgen. Die Zugmeldung wurde nur am Morseapparat vorgenommen. 

Jeder Fahrdienstleiter musste ein geprüfter und geübter Telegraphist sein. 

Alle Zugmeldungen mussten nach der Uhrzeit genau in das Zugmeldebuch eingetragen, und mit ihm die Morsestreifen aufbewahrt werden. Dies war notwendig um etwa eingetretene Betriebsstörungen nachprüfen zu können. Jeder Bahnhof war mit einem Bahnverwalter besetzt, der auch seine Dienstwohnung im Empfangsgebäude hatte. Ihm unterstanden 2-3 ausgebildete Kräfte für den Betriebs- und Verkehrsdienst. Außerdem war noch ein Bahnhofsarbeiter vorhanden, der Mädchen für alles war. Der Bahnverwalter selbst war damals ein vielbestaunter und verehrter Mann in Dudenhofen. Vor ihm zogen alle den Hut ab. Der 1. Bahnverwalter im Jahr 1896 war ein Herr Peter Fiedler aus Wixhausen. 

Ihm folgte etwa im Jahr 1910 Herr Heinrich Becher. Er kam aus dem Westerwald und war auch ein guter Musiker. Viel Ansehen und Hochachtung hat er sich bei den Dudenhofener erworben, weil er bei dem 1. öffentlichen Konzert, .der im Jahr 1910 gegründeten Feuerwehrkapelle , im Dezember 1912 die Solo-Klarinette spielte. 

Um etwa 1930 nach 20-jähriger Dienstzeit in Dudenhofen beendete er sein Dienstverhältnis. Seine Nachfolger waren die Herren Sommerlad, Ph. Küchler, Ludwig Resch, Phillip Klein I, Herzog und den Kehraus machte Adam Honikel. Letzterer hat nach der Stilllegung des Bahnhofes das Empfangsgebäude, in dem er 15 Jahre wohnte, von der Bundesbahn käuflich erworben. 

Zu der Bahnanlage in Dudenhofen sei noch erwähnt, dass bei dem Bau der Gleisanlagen auch eine große Kopf- und Seitenladerampe gebaut wurde. Diese wurde benötigt zum Verladen von Langholz dass reichlich in dem großen Wald von Dudenhofen geschlagen wurde. Neben der Laderampe war ein großer Lagerplatz auf dem das anfallende Grubenholz geschnitten und verladen wurde. Während früher Lang- und Grubenholz für den Transport mit Fuhrwerken nach Seligenstadt am Main zum Verladen auf Kähnen gebracht werden musste, konnte nun an Ort und Stelle verladen werden. Hierdurch war eine große Erleichterung für die Holzfahrer geschaffen und die Eisenbahn konnte einen Frachtgewinn kassieren. 

Anfangs des 2. Weltkrieges musste auch ein Gleisanschluss für die Fa. Generatorkraft, die gegenüber dem Bahnhof Tankholz produzierte, verlegt werden. Dieses Tankholz wurde als Ersetz für Benzin, für die Gaserzeugung der Kraftwagenmotoren benötigt. Die Tankholzproduktion dauerte bis 1945, Ende des Krieges. 

Danach übernahm die Industrieverwaltung in Bad Godesberg mit der Fa. „Vehoba" die Herstellung von Holzspanplatten. Dies dauerte bis 1956. Anschließend übernahm die große Baufirma "Kögel" das gesamte Fabrikgelände mit allen seinen Anlagen. Der Gleisanschluss wurde nicht mehr benötigt und wurde 1961 demontiert. 

Wie steht es heute am Tage dieser Niederschrift mit der Existenz des Bahnhofs Dudenhofen? Durch den Bau der Autobahn und den Verkehr der Lastwagen, sowie Ausbau der Bundesstraßen für den PKW-Verkehr wurde die Rodgaubahn überrollt. Während früher 36 Personenzüge und 2 Güterzüge den Bahnhof Dudenhofen passierten, sind es heute nur noch 15 Zugfahrten. Sonntags liegt die Rodgaubahn still. 

Durch die Technisierung im Betrieb für den Zugverkehr braucht auch heute kein Fahrdienstleiter auf dem Bahnhof Dudenhofen mehr anwesend sein. Da hierdurch auch keine Zugkreuzungen und Überholungen mehr statt finden konnten, wurde schon 1963 das 2. Gleis ausgebaut. Der Güter- und Expressgutverkehr wurde auf größere Abfertigungen verlegt. Die Fahrkartenausgabe wurde geschlossen und durch Automaten ersetzt. Es besteht nur noch die Möglichkeit, am Wochen- oder Monatsanfang Zeitkarten zu lösen, weil diese in den Automaten nicht untergebracht werden konnten. 

Der Güterschuppen wurde 1978 abgerissen und der Wartesaal geschlossen. Zuletzt blieb noch das Empfangsgebäude übrig, das die Bundesbahn an Hrn. A. Honikel verkaufte. 

Schlusswort: Zitat von Schiller: 

Das Alte stürzt, es ändern sich die Zeiten und neues Leben blüht aus den Ruinen! 

Verfasser: Philipp Klein I, Bahnhofsvorsteher von 1950 - 1958 (Im März 1979)

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Letzte Aktualisierung: 23.02.2024