Ostfront, den 14.07.

          Mein lieber Petter!

Heute ist ein heißer und gewitterschwerer

Tag und ich fühle mich endlich wieder etwas

wohler, nach den für mich letzten schweren Tagen.

Ein Krieg hat zu allen Zeiten Opfer gefordert

und wird sie stets verlangen, wenn die Völker

als letzten Ausweg ihrer Politik die Ent-

scheidung auf dem Schlachtfeld wählen. Durch

den O.K.W.[1] Bericht wirst Du erfahren haben

in welchem Raum nun das unerhört er-

bitterte Ringen stattfindet. Der Russe kämpft

zu Land und in der Luft mit sehr großer

Verbissenheit, wollen wir hoffen, daß dies seine

letzten gewaltigen Kraftreserven sind.

           Am Sonntag, den 11. Juli mittags  

gegen 11.00 Uhr, (es war mein 56. Feindflug)

wurden wir über der Front von einer

erdrückenden Mehrheit russischer Jäger angegriffen,

außerdem legte die Flak über dem Ziel

einen wunderbaren „Teppich“. Wir kommen mit

den Russen in 1800 m in eine tolle Kur-

belei, jeder schoß, so[2] gut und so viel[3] er

konnte. Plötzlich gab es in meiner Maschine

einen sehr starken Schlag, ich wußte noch

nicht(,) ob uns die Flak oder ein Jäger ge-

troffen hatte. Mein Funker stellte an der

rechten Tragfläche mehrere Ausschüsse fest, mein

rechter Tank war von einigen Kanonen-

 


[1] Oberkommando der Wehrmacht

[2] Das Wort „zu“ wurde vom Briefschreiber eingeklammert und durch das Wort „so“ ersetzt

[3] Im Brief steht die Schreibweise „soviel“


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treffern eines Jägers, welcher uns von unten angegriffen hatte,[1] zerschossen worden, der

Kraftstoff lief heraus. Sofort meldete ich mich

durch Funkspruch-Verbindung beim Staffelkapi-

tän ab(,) und drückte in Richtung auf die

eigenen Linien in die Wolken hinein, um

der Sicht der russischen Jäger zu entgehen.

Bei wolkenlosem Himmel hätten sie mir

bestimmt ein grausames Ende bereitet.

Plötzlich stellen wir fest, daß aus der Fläche

kleine Flämmchen schlagen, welche sehr rasch

größer und größer werden. Nun gab es

keinen anderen Ausweg mehr, als mit

dem Fallschirm abzuspringen. Sofort gab ich

meinem Funker, welcher zum Glück auch nicht

die Ruhe verlor, den Befehl auszusteigen.

Wir hatten in diesem Augenblick eine

Höhe von 800 m. In dieser Höhe begann

nun für uns ein Drama an dessen glück-

lichen Ausgang wir nicht mehr glauben konn-

ten, das Kabinendach des Funkers klemmte,

trotz Notzug fiel es nicht ab. Der arme

Kerl würgte und stemmte sich dagegen –

vergeblich. Während dieser Zeit sank die Ma-

schine unaufhörlich, die Flammen waren größer

geworden, die Luftschraube drehte sich nicht

mehr. Mein Dach war sofort weggeflogen,

ich hatte meine Anschnallgurte geöffnet, um

jeden Augenblick das Flugzeug verlassen ...

.........................................................................[2]

 

 


[1] Der Relativsatz („welcher uns von unten angegriffen hatte“) wurde vom Briefschreiber nachträglich eingefügt

[2] fehlende Zeile!


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verließen wir den brennenden Vogel, denn es

war höchste Zeit. Zu unserem größten Glück ka-

men wir heil am Leitwerk vorbei, wir rasten

dem Erdboden zu. Gefühlsmäßig zog ich die

die Reißleine, um den Fallschirm zu öffnen. Ich hatte

den Griff in der Hand und noch immer

war der Fallschirm geschlossen. In diesem Augen-

blick sah ich das Ende vor mir. Ich glaubte nicht

mehr an ein Öffnen des Schirms. Es überkam

mich ein so sonderbares Gefühl, ich war mit

dem Leben fertig, wartete nur noch auf

den Aufschlag, welcher das Ende bedeutet hätte.

Plötzlich gab es ein(en)[1] starken Knall und einen

kräftigen Ruck - der Schirm hatte sich doch

noch geöffnet. Welches Gefühl mich nun über-

kam, kann ich mit Worten nicht schildern,

ich weiß wirklich, was es heißt neugeboren

zu sein. Meine Sorge galt jetzt meinem

Funker. Ich drehte mich und rief nach ihm,

sein Schirm hatte sich sofort geöffnet, er

schwebte rechts über mir. Dann war ich auch

schon am Boden, es war eine weiche Wiese.

Durch das späte Öffnen[2] des Schirms bedingt,

kam ich sehr hart unten an, ich fiel auf

den linken Oberschenkel und die linke Schulter,

meine Beine hätten dieses Aufschlagen be-

stimmt nicht heil überstanden. Ich löste meinen

Schirm als auch mein Funker schon auf mich

zukam. Wir fielen uns um den Hals und

………………………………………………..[3]

 


[1] Im Brief steht „ein“ statt „einen“!

[2] Bis hierher geht die Übertragung des Textes von Horst Günther.

[3] fehlende Zeile!


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wir von unseren Landsern umringt, ob Offizier,

Uffz.[1] oder Mann, sie alle beglückwünschten

und[2] freuten sich mit uns. Keiner von ihnen

hatte an einen guten Ausgang geglaubt.

Unsere Staffel hatte nur den Rauchpilz ge-

sehen, von uns jedoch nicht bemerkt. Wir wur-

den nach ihrer Rückkehr als gefallen ge-

meldet. Nun kannst du dir die Freude vor-

stellen als wir abends mit einem Wagen

der Flak bei der Staffel ankamen.

Meinem Staffelkapitän und den Offz. blieben die Worte
weg, als ich mich hinkend, verdreckt und
verschmiert, ohne Mütze bei ihm zurückmeldete.
Der Kommandeur kam auch sofort und brachte
meinem Funker und mir je eine Flasche
Likör. Die Freude war sehr groß, es war
ein schwerer Tag mit einigen Verlusten ge-
wesen. Vom Stabsarzt wurden wir gründlich
untersucht, gebrochen war zum Glück nichts[3], aber
viele Zerrungen und Verrenkungen. Heute geht

es mir wieder ganz gut, mein linker Arm

ist noch wie gelähmt und mein Hals schmerzt

noch ziemlich. Ich hatte mir kräftig auf die

Zunge gebissen, am nächsten Tag war mir als

sei meine ganze „Form“ verzogen. Wenn dich

dieser Brief erreicht, will ich wieder tüchtig fliegen.

           Heute früh ist mein Staffelkapitän ge-

fallen, er bekam einen leichten Flaktreffer

in den Tank. Beim Aussteigen ist der Funker

gegen das Leitwerk geflogen und blieb wohl

mit gebrochenem Rückgrat dort hängen. Der

Chef wollte sicher versuchen die Maschine, welche noch

nicht brannte, mit dem Funker zu landen

 


[1] Abkürzung für Unteroffizier

[2] Das Wort „uns“ wurde vom Briefschreiber eingeklammert und durch das Wort „und“ ersetzt

[3] Im Brief steht hier nur „nicht“, es muss aber „nichts“ heißen

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